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08.05.2010: Das Rehlein und der gute Riecher
25.04.2010: Wundertütenblues und Freiburger Lobgesänge
17.04.2010: On/Off-Schalter: Ausgelassenheit für 120 s
20.03.2010: 3 - 2 - 1 - Mainz?
06.03.2010: Under Pressure
21.02.2010: Das gnädige Mäntelchen des Schweigens
06.02.2010: Der Mensch, der Fußball und der Geist ...
22.01.2010: Frau Efbé in Baden auf Besuch
09.01.2010: Stocker strikes back
12.12.2009: Neuerliche Defensivverteidigungsrechtfertigung
21.11.2009: Trauriger Samstag
01.11.2009: Bratwurstfußball oder Kapitalismus
17.10.2009: Der Geist erwachte nicht
27.09.2009: Mein erstes Mal
12.09.2009: Bittere Heimpleite für den SC Freiburg
09.08.2009: Der SC Freiburg meldet sich zurück
08.05.2010, badenova-Stadion Freiburg:
Das Rehlein und der gute Riecher
SC Freiburg vs. Borussia Dortmund 3:1 (0:0)
Rein so zum Spaß wurde in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken in den Katakomben des badenova-Stadions nach erfolgreichem Saisonabschluss ein unschuldiges Rehlein verspeist.
Und ebenfalls rein so zum Spaß ließ Freiburg beim letzten Saisonspiel den seit längerem im Startloch verweilenden Torhüter Oliver Baumann in der ersten Liga debütieren. Denn den Verbleib in dieser zu bewerkstelligen war bekanntlich bereits mit dem Spiel zuvor schon gelungen. Es war das berühmte Bayern-Spiel im März gewesen, bei dem die folgenreiche Freiburger Elf gefunden wurde, die - in Variation - schließlich den vorzeitigen Klassenerhalt meisterte. Vielfach und mit jedem Erfolg lauter erschallten seither naseweise Sticheleien: "Ja, warum denn erst so spät?!" Wenn nun jemand behaupten könnte, er habe es ja gleich gesagt, dass genau so, und nur so, gespielt werden müsse, na dann wäre was dran.
Und die Sensibleren unter den Fußballgeistern witterten schon längst, dass der entscheidende Faktor beim Freiburger Sportclub ganz woanders zu suchen ist: Wohl soll man nicht immer alles aufs Wetter schieben, doch im Fall des SC Freiburg ist nicht daran zu rütteln, es handelt sich um eine Schönwetter-mannschaft. Dank moderner Medientechnologie ist dies auch weder ein Geheimnis der Auguren noch der Meteorologen - ein jeder kann sich mit Leichtigkeit selbst Einblicke in die seltsam verwobene Passung von Klima- und SC-Leistungskurve verschaffen, so dass es sich an dieser Stelle erübrigt, mit den entsprechenden X- und Y-Achsen aufzuwarten.
Nichtsdestotrotz bewies das Trainerteam des SC vor jenem Spiel in München einen exzellenten Riecher. Die - im übrigen beim ersten Anlauf keineswegs siegreiche - Spielerkonstellation konnte dort selbst bei äußerst zweifelhafter Witterung qualitativ und quantitativ wesentlich hochwertiger verlieren als ihr Vorgängermodell. Und offensichtlich haben die sechzig Minuten SC-Führung im erfolgsverwöhnten Freistaat auch dem damals gewaltig angeknacksten Selbstbewusstsein der Freiburger einen nachhaltigen Auftrieb verliehen.
Doch vor allem stand die gesamte Rückrunde - inklusive der Suche nach der optimalen Formation - im Zeichen des Einbaus des neuen Freiburger Sterns Papiss Demba Cissé. Dabei galt es nicht nur, diesen entsprechend seiner Spezialisierung zu platzieren. Vielmehr ging es darum, die Bedingungen zu schaffen, unter denen sich der senegalesische Nationalspieler an den Außenrand seines Leistungsvermögens herantasten konnte: Die berühmten Synergieeffekte kommen erst dann zum Tragen, wenn sich im Team ein sicheres Gespür dafür entwickelt, wer was von wem erwarten kann. Das dauert naturgemäß, und so kommt zum Wetter und zur Aufstellung als dritter und zentraler Faktor die Zeit hinzu.
Die Integration ins Team, die beim ausgezeichneten aber exzentrischen Fußballer Mohamadou Idrissou nie so recht gelingen wollte, wurde beim wesentlich cooleren Cissé noch rechtzeitig vor Saisonende in trockene Tücher gebracht - ein gutes Omen für die nächste Saison. Mit dem Ausstieg Idrissous fällt zwar ein Explosivmoment des SC weg, doch kann nun jene heitere Gelassenheit, die auch die Schlusspartie gegen Borussia Dortmund prägte, zum Kapital des Sportclubs gerechnet werden.
Das verschiedene Rehlein, das inzwischen bereits in seinem Rotwildhimmel angekommen sein dürfte, möge gnädig auf die schlemmfreudige Freiburger Fußballgemeinde herabblicken und auf seine Weise dem guten Omen Bekräftigung verleihen.
Patrick Widmann
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25.04.2010, badenova-Stadion Freiburg:
Wolfsburger Wundertütenblues und Freiburger Lobgesänge
SC Freiburg vs. VfL Wolfsburg 1:0 (1:0)
Kleidungsmäßig traten die Wölfe zum Gastspiel in Freiburg höchst passend an. Sie spielten in Blau und mit der Aufschrift "think blue", einem VW-Werbeslogan, der auf dem Rasen der "Green City" Freiburg dem Umweltherzchen Wolfsburgs Gehör verschaffen sollte. Doch was bedeutet es eigentlich, blue zu thinken? Am Sonntagabend jedenfalls setzte sich eine nicht zu ignorierende Nebenbedeutung des Wortes "blue" durch. Es findet sich im Deutschen keine adäquate übersetzung, deckt doch dieses mächtige Wort abgesehen vom Farbwert die gesamte Spanne zwischen Lethargie, Sentimentalität und Depression ab. Auf ein demoralisierenderes Motto müsste man erst einmal kommen.
Wolfsburg has the blues.
Wolfsburg-Kenner und Ex-Wolf Cedrik Makiadi hatte im Vorfeld die derzeitige Konsistenz des noch amtierenden Fußballmeisters als Wundertüte bezeichnet. So zeugt auch der Verbleib des Vereins im Tabellenmittelfeld von einem rasanten Wechsel von Höhen- und Tiefflügen. Auch im Spiel gegen Freiburg zeigte sich dies: Die erste Halbzeit über war im VW-Team deutlich Tiefflug angesagt, eine Haltung, die wirkte wie ein geduckt-warnendes "na wartet nur, wir kommen schon noch". Und gefährlich kamen sie dann auch, in der zweiten Spielhälfte, doch da war der Flug - zumindest der des Balls - ein gutes Stück zu hoch angesetzt. Die beste Wolfsburger Chance landete anstatt im Tor auf der Anzeigetafel und damit ungefähr zwanzig Meter zu hoch. Und auch weitere Tormöglichkeiten neigten zum überfliegen des Kastens Pouplins.
Dabei verwunderte, dass die Wolfsburger über die gesamte Dauer von einem geregelten Spielaufbau nichts zu halten schienen. Ganz auf die Genialität ihrer Spitzenleute vertrauend verblieb der Großteil des Teams ziemlich weit hinten und brachte die brisantesten Offensiven durch hohe Bälle nach vorn zustande, die dann allerdings weniger an der Freiburger Abwehr denn an den Nerven der Torschützen scheiterten.
Ganz anders war das Freiburger Spiel angelegt. Kurzpasssequenzen, die schon im Spiel gegen Nürnberg für überraschung gesorgt hatten, wurden hier mit erstaunlicher Eleganz zu strategisch wirksamen Spielzügen ausgestaltet. Bravourstückchen fußballerischer Teamkultur führten früh zum eindeutigen Bild einer effizienten, wenn auch recht kraftaufwändigen Arbeitsweise. Entsprechend fiel es hernach befragten Fans schwer, den besten Mann auf dem Platz auszumachen. Selbst die in letzter Zeit öfters zu hörende Schelte Butschers fiel hier wohlwollend aus, auf dessen Verdiensten der Teamgeist wesentlich gründet: Ist Dutt das Hirn der Mannschaft, so ist Butscher eindeutig deren Seele.
Wurde in SC-Kreisen nach herausragenden Akteuren gefragt, so fand zunächst Sascha Riether vom Wolfsburger Team Bewunderung, der als SC-Zögling unter ausgesprochen freundlicher Feindbeobachtung stand. Dickste Anerkennung gebührt jedoch angesichts seines alles entscheidenden Torerfolgs in der 38. Minute im Grunde Makiadi, quasi als Gegenstück Riethers auf Freiburger Seite.
Aus dem Kreis der Freiburger Clubexperten erfuhr des weiteren Oliver Barth Lob in höchsten Tönen: Der habe gar das Zeug zum Kultfußballer. Und selten wurde vergessen, auch dem Publikum Dank zu zollen, das bei diesem Spiel mit seinen munteren Klatschern selbst banalste Spielerbewegungen rührend bedachte.
Freiburger Jubel.
Damit schließen wir die Wundertüte der Lobgesänge, denn im Fall der Lobhudelei gilt nun tatsächlich der ansonsten völlig blödsinnige Spruch: Man muss das Bier ja nicht gleich Kastenweise trinken.
Patrick Widmann
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14.04.2010, badenova-Stadion Freiburg:
On/Off-Schalter: Ausgelassenheit für 120 Sekunden
SC Freiburg vs. 1. FC Nürnberg 2:1 (1:0)
Der Mannschaftsbus aus Nürnberg besitzt einen kleinen, geheimnisvollen Schalter, dessen verheißungsvolle Wirkung wohl aufgrund der Vergesslichkeit des Busfahrers nicht - oder vielleicht auch nur zum falschen Zeitpunkt - zum Einsatz kam: "Nothahn" heißt der Schalter und verspricht durch Wunderhand geöffnete Tore. Es war nicht zu ermitteln, ob der Freiburger Busfahrer über einen ähnlichen Knopf verfügt, ja nicht einmal, ob er überhaupt zugegen war. Eine Art Nothahn des SC Freiburg war dennoch allenthalben zu spüren, indem das Duttsche Team durchgängig alles daransetzte, die dringend notwendigen drei Punkte zu ergattern.
Gerade mal eine halbe Minute nach Anpfiff sah sich Mo Idrissou zu seiner völligen überraschung mit seiner ersten Torchance konfrontiert, die er vor lauter Staunen konsequent verdoddelte. Keine vier Minuten später landete der Ball dennoch im Netz des Nürnberger Keepers Schäfer, auch dies infolge der Anfangskonfusion. Herr Maroh aus Nürnberg war der Unglückliche, der im Gemenge einen Freistoß Schusters per Kopf ins eigene Tor verlängerte. Zwar wurde ihm gegen Ende der Begegnung eine gewisse Genugtuung zuteil, indem er zehn Minuten vor dem planmäßigen Spielende den Ehrentreffer für die Franken einköpfte, doch verblieb das restliche Spiel insgesamt unter dem heiteren Stern der frühen Führung Freiburgs.
Ebenfalls noch der Anfangswirrness zuzurechnen ist ein Abwehrfehler Butschers in der zehnten Minute, den der verdatterte Nürnberger Choupo-Moting zum Schuss aus nächster Nähe ins Toraus nutzte.
Der FC Nürnberg kam nicht effektiv ins Spiel und blieb dauerbedrängt. Dass es sehr, sehr lange dauerte, bis mit Papiss Cissé doch auch noch ein Freiburger persönlich einen SC-Treffer erwirkte (60.), war indes nicht selbstverständlich. Niveau und Spielweise der Kontrahenten unterschieden sich nicht grundlegend und beide Teams können sich trotz magerer Gesamtleistungen auf einige Akteure stützen, die in der ersten Liga wirklich gut aufgehoben sind: Bissige, ballsichere Typen wie auf Nürnberger Seite der erstaunlich agile Ilkay Gündogan ebenso wie die immer wieder gefährlich gut positionierte Sturmspitze Choupo-Moting. Letzterer, seines Zeichens Leihspieler vom HSV, hatte lediglich das Pech, den Ball nur selten abzubekommen - wohl eine Folge seiner noch frischen Zusammenführung mit dem Team.
Tatsächlich stellten sich die Gastgeber in Sachen Zuspiel und Kombinationen wesentlich geschickter an - auch im Vergleich zu einigen der vergangenen Spiele. Immer wieder ergaben sich ansehnliche Szenen, in denen der Ball wie eine Flipperkugel im Zickzack kurzgepasst wurde. Spielzüge wurden dennoch selten daraus, es blieb großteils bei spontanen und rasch verpuffenden Demonstrationen technischen Könnens. Was bei stärkeren Gegnern zum sicheren Ruin geführt hätte, reichte jedoch gegen den 1. FC Nürnberg vollkommen aus, allerdings ohne länger anhaltende Glücksgefühle beim SC und seinen Fans auszulösen. Das war schon etwas seltsam: Bei den Akteuren wie beim Publikum der ausverkauften Arena stellte sich nach dem gewonnenen Match eine Sorte verhaltener Feierabendstimmung ein, wie nach einem langen, harten Arbeitstag, an dessen Ende man trotz guter Ergebnisse irgendwie auch die Nase gestrichen voll hat.
Sparsame Ausgelassenheit.
Allen voran Robin Dutt zeigte bei der anschließenden Pressekonferenz genau diese Miene einschließlich einiger Symptome blankgescheuerter Nerven. Er gab zu Protokoll, seine Ausgelassenheit nach Abpfiff habe 120 Sekunden keinesfalls überdauert und attestierte auch seinen Spielern keine viel längere Euphoriespanne. Obgleich ein akuter Anlass offensichtlich fehlte, holte Dutt gleich noch zum Rundumschlag gegen die Spezies des Sportjournalisten aus, dessen Beheimatung im Modus des Konjunktivs Einmischungen in die Realität der Fußballpraxis nicht erlaube. Es war gleich dem Aufschrei eines Treibjagdopfers, das endlich die Möglichkeit hat, einem Peiniger ans Schienbein zu hauen.
Tatsächlich fällt seit Beginn der Rückrunde die zunehmende und mitunter recht altklug daherkommende Tendenz einiger Berichterstatter auf, den Coach gerne im Nachhinein aufzuklären, wie er seinen Job eigentlich machen müsste, wenn er könnte / hätte / wöllte. Ein Paradebeispiel dieser Art hatte die "Zeitung am Samstag" just am Spieltag vorgelegt.
Vergleichsweise cool und beherrscht nahm dagegen Nürnberg-Coach Hecking die Schlappe hin. Einige seiner Spieler allerdings werden wohl noch ein Weilchen brauchen, um sich vom Freiburger Notschalter zu erholen.
Doch, Schwamm drüber, blenden wir einfach zurück zu den ausgelassenen Szenen nach Cissés Tor der 60. Minute um dort im Standbymodus zu verharren, bis der nächste Treffer fällt - wann auch immer das ist.
Patrick Widmann
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20.03.2010, badenova-Stadion Freiburg:
3 - 2 - 1 - Mainz?
SC Freiburg vs. FSV Mainz 05 1:0 (1:0)
Die ebaysche Zahlenmystik kennt - ungeachtet der unzähligen Sekunden, die verrinnen müssen, um schließlich eines Wunschobjekts habhaft zu werden - als höchste Zahl die Drei. Unter solchem Gesichtspunkt wäre für einen Verein namens FSV Mainz 05 ohnehin wenig zu holen gewesen. Doch mit Mystik, Schamanentum und anderem Schabernack haben wir nichts am Hut - uns interessieren nur knallharte Daten und Fakten.
Flum hieß lautmalerischerweise ein entscheidendes Faktotum dieser Begegnung - oder wahlweise Momentum, um ein Lieblingswort vom Mainzer Coach Tuchel aufzugreifen. Kaum zehn Minuten nach Spielbeginn, noch hatte sich keiner der 22 Profis richtig warmgespielt, da war - flupp - der Ball weg. Vorbei am Mainzer Keeper Müller an den Pfosten und von da ums Eck und weg: Eins zu null. Und weg war auch die Anspannung auf den Gesichtern von SC-Fans und -Spielern.
Nun wäre es natürlich tragisch gewesen, hätte das SC-Team daraufhin schreckensstarr registriert, dass dieser Vorsprung noch 80 Minuten lang verteidigt werden musste. Denn das kann durchaus passieren, vor allem nachdem solches schon ein halbes Jahr lang nicht mehr geglückt war. Doch in diesem Fall entfesselte das Platzen des lange Zeit lähmenden Knotens eine Spielfreude, die regelrecht ansteckend war.
Was war eigentlich inzwischen geschehen, das Freiburg wieder frischen Wind eingehaucht hatte? Ohne jede Mystik wenden wir uns wieder den Zahlen zu: Es war der 27. Spieltag und Dutt hatte beschlossen, das Experiment vom Bayern-Spiel zu wiederholen und von vorn herein 13 Spieler aufs Feld zu schicken. Regelwidrig? Woher denn! Der Freiburger Coach hatte einfach Makiadi und Cissé angewiesen, jeweils für zwei zu spielen. Das Konzept hat überzeugt: Wahnsinn, wie die beiden bis spät in die zweite Halbzeit hinein noch stets zu ausgedehnten Sprints in der Lage waren. Und beileibe nicht nur die beiden. Müßig wäre es, nun alle Laufleistungen aufzuzählen. Nur Jonathan Jäger sei hervorgehoben, der aufgrund seines eigenwilligen Laufstils selbst mit einer Burka angetan unter Tausenden zweifelsfrei zu identifizieren wäre. Auch dieser also rannte sich die Seele aus dem Leib und kannte keine Erschöpfung. Es ist dies ein sportmedizinisch anerkanntes Privileg älterer Leute, Ursache ist die verzögerte physiologische Reaktion auf eine restentleerte Batterie. Doch Dutt griff rechtzeitig ein und nahm ihn, wie auch Cissé, noch kurz vor Schluss vom Platz, um Caligiuri und Bechmann von der Kette zu lassen, deren Entfesselung zwar neuen Schwung ins Spiel, doch Bechmann auch eine gelbe Karte einbrachte.
Was gibt es sonst noch über dieses Duell der beiden Aufsteiger zu sagen? Der Mainzer Schlussmann Müller hatte durchgehend alle Hände voll zu tun und bewies dabei eine unglaubliche Nervenstärke. Auch Pouplin wurde ein paar Mal hart geprüft, kam aber ohne blaues Auge davon. Aber im Grunde ist es völlig egal, wann, wie und wo in diesem Spiel was geschah - der Gesamteindruck zählt, und der ist leicht auf einen Punkt zu bringen: Freiburg spielt wieder!
Frühlingspicknick.
Angriff und Verteidigung, Strategie und Taktik - alles nicht der Rede wert. 100-prozentiger Einsatz, 100-prozentige Spielfreude und das gewisse "Leben im Augenblick" haben den SC durch die 90 Minuten getragen und hinterher zu Szenen unbändiger Freude geführt.
Patrick Widmann
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06.03.2010, badenova-Stadion Freiburg:
Under Pressure
SC Freiburg vs. Hannover 96 1:2 (0:0)
Es hätte schon einige Tumbheit dazugehört, ohne mulmiges Gefühl dem 25. Spieltag entgegenzugehen, an dem sich zwei arg ramponierte Kontrahenten gegenseitig zerfleischen sollten. Eine moralische Verfassung wäre hierzu vonnöten gewesen, die gerne den altrömischen Brot-und-Spiele-Bummlern zugerechnet wird, die sich - der Mär zufolge in satter Schmerbäuchigkeit - vergnüglich am Leid ausgemergelter Gladiatoren labten. Nicht umsonst hatten SC-Kreise im Vorfeld das Fanvolk eindringlich auf seine gewichtige Funktion als moralische Stütze hingewiesen. Das Völkchen gab sich wirklich Mühe: Emotional voll engagiert begleitete die knapp 20.000-köpfige Masse das hinter zarten Nebeln leichten Schneefalls ablaufende Wechselspiel von Hoffnung und Zweifel mit wohlwollenden Schwingungen. Wer weiß, ob das Wohlwollen nicht allzu pauschal ausfiel und auf irgendwelchen Woodoowegen seine Wirkung mithin auf die Gastmannschaft entfaltete.
Auch eingefleischten Freunden des Freiburger Fußballs unterlief es, sich zu Anfang der zweiten Halbzeit gelegentlich an gegnerischen Erfolgsmomenten zu erfreuen, ja in Einzelfällen selbst noch am 0:1-Tor in der 63. Minute. Dies freilich nur weil jenem Unglücksvogel ein Orakel aus nächster Nähe vorgaukelte, es würden um die 72. und 79. Minute sowieso zwei SC-Treffer fallen. Es war jedoch - bedingt durch eine gewisse Unschärfe, die Prophezeiungen schon seit antiken Zeiten anhaftet - nicht einberechnet, dass der zweite Freiburger Treffer ins eigene Netz gehen sollte.
Abdessadkis Ausgleich rechts im Kasten.
So sehr also den zweiundzwanzig demoralisierten Recken auf dem Rasen nur Gutes von den Rängen zuströmte, spielerisch war für keines der Teams viel herauszuholen. Mitbedingt durch die beiderseits beherzigte Strategie des frühen Störens wechselte der Ball extrem häufig den Besitzer, sodass selten etwas zustande kam, das im engeren Sinne als Spielzug bezeichnet werden konnte. Günstig für die Zuschauer, denn dadurch war das Spiel durchgehend ziemlich kurzweilig. Treffend bezeichnete 96-Keeper Fromlowitz die Begegnung im Rückblick als Krimi.
Cissés Kopfball an den Pfosten.
Kurzweil war in den letzten zwanzig Spielminuten verstärkt in der Fromlowitzschen Tornähe geboten. So sehr, dass ein angereister Fan hernach bekannte, er könne sich gar nicht richtig über den Sieg seiner Lieblinge freuen, da das Ausbleiben des zweiten Ausgleichstreffers schließlich alle Wahrscheinlichkeitsgesetze verhöhne. Der offenbar mehrheitlich an solcher Mathematik uninteressierte Gästeblock feierte dagegen noch lange nach Abpfiff ausgelassen in seinem Gitterpferch. Auch einige Spieler von Hannover 96 zeigten in ihrer Erleichterung keine Scheu und tanzen unter dem Freudengesang ihrer Fans ordentlich was vor.
Freudentänzchen.
Bei der Pressekonferenz ging es währenddessen vergleichsweise verhalten zu. 96-Coach Slomka beschrieb die spielerische Leistung seines Teams als "nicht so dolle". Während die Nordlichter das Ganze dennoch mit riesiger Erleichterung nahmen, ist in Freiburg abermals Scherbenkehren angesagt - eine Aufgabe, die von Mal zu Mal schwerer fällt.
Patrick Widmann
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21.02.2010, badenova-Stadion, Freiburg:
Das gnädige Mäntelchen des Schweigens
SC Freiburg vs. Hertha BSC Berlin 0:3 (0:2)
Frei nach Rudi Völler: Der absulote Tiefpunkt - ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören. In diesem Sinne breiten wir über dieses Spiel das gnädige Mäntelchen des Schweigens.
Ansgar Alberich
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06.02.2010, Badenova-Stadion Freiburg:
Der Mensch, der Fußball und der Geist des Toreschießens
SC Freiburg vs. FC Schalke 04 0:0
Wo eigentlich liegt Schalke genau? In erster Linie natürlich ziemlich weit oben in der Tabelle. In anderer Hinsicht ist Schalke irgendwo im monarchistischen Dunstkreis anzusiedeln und hört auch gerne auf den Namen "die Königsblauen".
Bus aus Schalke
Königsblau spielt sonst nur im bereits Generationen währenden Zwist unter Schulkindern eine Rolle, namentlich bei deren Uneinigkeit darüber, ob Geha oder Pelikan das königlichere Blau hergibt. Eine Frage, deren Klärung mit dem Lamy-Boom nicht eben einfacher wurde, in der Folge prügeln sich nun drei Fraktionen auf den Schulhöfen.
Zurück zu Schalke: Dieser - seiner Wortgeschichte nach mit "Schädelchen" zu übersetzende - Begriff benennt einen bestimmten Vorort im Pott, den man sich der Romantik halber ähnlich dem Drehort des "Wunders von Bern" vorstellen sollte.
Romantik schien auch im vollbesetzten Freiburger Stadion am gemäßigt temperierten Samstagnachmittag die Stimmung zu bestimmen. Verklärte Gesichter, die kontemplativ dem mal nach links, mal nach rechts schwappenden Treiben auf der kurzgeschorenen Weide unten folgten.
Kontemplation
Mit einer gewissen Sehnsucht, der Ball möge doch auch mal in eines der Gatter einknattern, was jedoch - ganz nach Art der Romantik - erst irgendwo jenseits des realen Geschehens in Erfüllung gehen sollte. Im Traum zum Beispiel von der Hinrunde oder von der kommenden Saison. Hitzköpfigkeit, Siegesgewissheit, Katastrophenerwartung - kurz: Dramatik lag nicht in der Luft und das blieb auch so.
Bei alledem fehlte es den Spielern unten nicht an Leidenschaft, zumindest nicht auf Seiten des SC. Da wurde hart und professionell geackert und das Geschehen wogte die erste Spielhälfte über deutlich mehr dem Schalker Tor zu. Gegen Ende der ersten Halbzeit schoss mir mit jähem Schrecken die Tabellenordnung durch den Kopf. Ist das alles nur Bluff? Wartet Schalke nur auf das entscheidende Signal? Reizen sie den Gegner in Rot erst mal wie beim Stierkampf, um ihn dann - 90 Minuten sind lang - in wohldurchdachter Dramaturgie mit Klimax und retardierendem Moment auf Nimmerwiedersehen zu zerlegen?
Königsblaue Fans
Wohl meldete sich in der zweiten Halbzeit die Erschöpfung in den Reihen des SC, und dies deutlich stärker als bei den Spielern aus Schalke. Besonders in den letzten zwanzig Minuten häuften sich Unachtsamkeiten und unterwegs verdurstende Anstrengungen. Aber Schalke hatte offensichtlich doch kein Drehbuch klassischen Stils mitgebracht, sondern schlicht auch nicht mehr drauf.
Wie anders wirkte da vor zwei Wochen die Schwabenoffensive! Ob mit oder ohne Spätzle im Arsch - sie haben von Anfang an spielerisch überzeugt. Diesmal überzeugte der SC Freiburg, allerdings nur in Relation zum Gegner, der sich wohl von den Romantikerblicken des Publikums hypnoseartig einlullen ließ.
Will man also doch noch einen Sieger des nachmittäglichen Unentschiedens ausmachen, so ist dieser sicherlich im Publikum beiderlei Couleur zu suchen, das sich in gelassener Eintracht auf den Rängen mischte - so schön menschlich, sowas.
Buntes Publikum in gelassener Eintracht
überraschenderweise wurde in der Nachbesprechung des Spiels das Ergebnis durch die Trainer - wiederum in gelassener Eintracht - mit einer Unmenschlichkeit erklärt. War doch glatt der Ball für eine Millisekunde der neunzig Minuten hinter der Torlinie Pouplins auszumachen. Für menschliche Augen zwar nicht, doch für die untäuschbare Kamera, die dem Schalke 04 ein Tor und damit drei Punkte diagnostizierte.
Darauf angesprochen wirkte Schalke-Coach Felix Magath mit einem Male regelrecht vergrämt. Resigniert schimpfte er auf die Amateure, die den Chip-Ball verhinderten. Dutt pflichtete dem Oldschool-Trainer aus dem Pott beinahe überschwänglich bei und brandmarkte die Unzulässigkeit technischer Hilfen für den Unparteiischen als Unmenschlichkeit. Aber das war natürlich nur pathetisches Geplänkel am Rande. Auch sowas ist menschlich.
Patrick Widmann
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22.01.2010, badenova-Stadion Freiburg:
Von der Wärme an einem Kalten Tag: Frau Efbé in Baden auf Besuch
SC Freiburg vs. VfB Stuttgart 0:1 (0:1)
In einer gerammelt vollen Straba auf dem Weg zum Stadion schrie ein kleiner Junge: "Guck mal Mama, die da sind auch Stuttgart-Fans!" - "Pssst, nicht so laut", bremste Mama, "enttarn uns doch nicht schon Jetzt!" Erst kurz vor dem Ausstieg legte Mama ihre Scheu ab und stopfte sich, das Kind und den Papa in weiße VfB-Trikots, sodass sie ob ihrer warmen Winterkleidung laut eigenem Bekunden aussahen wie Weißwürschtle kurz vorm Platzen. Mit technisch bedingt abstehenden Armen stakste die Würstchenfamilie zur Arena um sich dort schnaubend im Gästeblock zu verlieren.
Es war im Grunde das Beste, was Spielern wie Zuschauern an diesem Wintertage passieren konnte: Man lade den VfB nebst seinen Freunden zum munteren Spiel - und schon gibt's innerlich wie äußerlich einen merklichen Temperaturanstieg. Die erhitzten Massen im beinahe vollbesetzten Stadion produzierten nebst Ausdünstungen, die sie glücklicherweise unter Jacken und Mützen verstaut hielten, eine nachgerade kuschelige Wärme auf den Rängen.
Kuschelig: Fan an Fan
Auch unter den Spielern werden sich nur Wenige über Auskühlung beklagt haben. Lediglich die Kameraleute am Platzesrand, die gleich Jägern vor dem Wildbrett unbeweglich ausharren mussten, werden wohl einige Zitterbilder zu verzeichnen haben. Denn der Kamin-Effekt der hitzigen Meute auf den Tribünen bewirkte einen gewaltigen Sog, der dort unten ein ekelhaft sibirisches Klima besorgte.
Einige Spieler schienen ihrer inneren Wärme nicht von Anfang an zu trauen und trugen vorsichtshalber Handschuhe. Teils könnten die Motive zum Handschuhtragen durchaus auch andere gewesen sein. So mag Khedira schon geahnt haben, dass er auch in diesem Spiel einige Zeit in unmittelbarer Bodennähe verbringen würde um von dort aus viel Unrecht zu beklagen, das ihm auch heuer widerfahren würde. Die Masche wirkte gut - der pfeifende Herr Doktor aus München nahm sich seiner meist rührend an. Die ersten 30 Minuten über blieben solche Schwalben die hauptsächlichen Sensationen der Begegnung. Weniger sehenswert als wirklich bemitleidenswert war gegen Ende dieser halben Stunde ein rasanter Bodenfall von Marica. Er humpelte daraufhin vorübergehend vom Feld, erholte sich aber bald.
Bereits in dieser Spielphase war die spielerische überlegenheit des VfB gegenüber einem hochengagierten, doch hart in die Defensive gedrängten SC offensichtlich. So schlecht an dieser Tatsache vorbeizukommen war, so empörend war das Urteil eines Zuschauers nach dem Spiel: "Die kennat halt oifach et kigga". Wen er meinte und wes Geistes Kind er ist, bedarf keiner näheren Erläuterung.
Mendys Flanke auf Cissé
Mit Ablauf der ersten halben Stunde hatten die Spieler des SC unverkennbar die Nase voll. Sie drängten ins Spiel, Bastians kam zum Torschuss, netzte aber nicht ein. Khedira war offenbar beeindruckt, jedenfalls besann er sich kurz darauf seiner alten Tugend und versuchte sich abermals im Bodenturnen. Trotzdem sich in diesen Minuten der SC eine weitere verheißungsvolle Torchance erkämpfte - es blieb bei der Chance.
Als der nun beiderseits mit äußerstem Kraftaufwand geführte Kampf begonnen hatte ebenbürtig zu wirken, als nun die SC-Freunde berechtigte Hoffnungen hegten, da fiel vier Minuten vor der Pause das 0:1 - zwar verdient, doch verständlicherweise von den Wenigsten neidlos quittiert. Es war der erholte Marica, der die Schwaben mit einem gekonnten Schuss aus nächster Nähe in Führung brachte.
Zwar brachte die zweite Halbzeit keine Zähler mehr hinzu, doch wurde das Niveau des Kräftemessens beachtlich angehoben. Bestechend fiel ein topfitter Toprak auf. Der oben erwähnte Zuschauer unerwähnter Herkunft ließ sich gar zu einer kühnen Prognose hinreißen, aus der allerdings einiger Sachverstand spricht: "Achtzehn Monate, dann ist ömer Nationalspieler - hundertprozent zuverlässig auf seinem Platz, mit vorausschauendem überblick und einer extrem wendigen, zielorientierten Spielweise." Mit diesen Merkmalen sind vor allem geistige und koordinatorische Gaben Topraks angesprochen, denen aber ein zunehmend gesundeter physischer Unterbau zugrunde liegt - ein Mann mit Zukunft.
Auch um die Zukunft der SC-Erstligamannschaft insgesamt muss nach den Eindrücken der zweiten Spielhälfte nicht allzu sehr gebangt werden. Es gab durchaus auch Glücksmomente in diesem Spiel, wie das letztlich aberkannte Abseitstor, mit dem sich der SC-Neuling Papiss Demba Cissé als Hoffnungsstrahl am Freiburger Fußballhimmel erwies. Mendy, der sich im ganzen Spiel überaus agil zeigte, flankte zielgenau auf Cissé, der den Ball auf den Weg ins Tor schickte - wobei es sich der Ball nicht nehmen ließ, im Flug noch eben den abseitsständigen Butscher freundlich anzustupsen.
Das Abseitstor ließ die fiebernde Menge auf den Rängen zeitweise überschäumen. Zunächst vor Erleichterung, die dann rasch in wilde Wut umschlug. Wut über eine zwar korrekte Schiedsrichter-entscheidung, doch auch darüber, dass die insgesamt wirklich tapfere Leistung des SC lohnfrei blieb.
Ein anderes Endergebnis - freilich hätte es dem Freiburger Selbstbewusstsein gut getan. Doch gerade das gesunde Selbstbewusstsein der SC-Spieler hat sich in dieser harten Partie ungebrochen gezeigt. Dieses schien auch Dutt am Herzen zu liegen, als er dem bohrenden Frager der Bildzeitung keinen Fußbreit nachgab: Sportjournalismus sei ein schöner Beruf, konterte mehrdeutig der Fußballlehrer, der seine Schützlinge an diesem Abend nicht bemäkelt sehen wollte. Unumwunden stimmen wir ihm in jeder Hinsicht zu.
Patrick Widmann
Heimatseite des SC Freiburg
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09.01.2010, Badenova-Stadion Freiburg:
Stocker strikes back
SC Freiburg vs. 1. FC Basel 1:2 (1:1)
Ja, da konnte einem schon das Blut in den Adern gefrieren: Nicht genug damit, dass schmerzhaft deutliche Minusgrade herrschten, der Hauptgrund des Schauerns war ein Name, der durchs Stadion geisterte. Hatte man Stocker nicht eben erst in allen ihm gebührenden Ehren aus dem Stadion sowie dem Rest der Welt verabschiedet? War es nicht eine ziemlich feierliche Aufmachung des Stadions nebst seiner Besucher gewesen, die Stocker das letzte Geleit gab?
Stocker back to Stage, das war der Stadionanzeige weiß auf schwarz zu entnehmen. Zurück im Diesseits. Ein Untoter, der die Herzen der Lebenden erstarren machen möchte, der aus ärger über Gott weiß was gleich einem Racheengel noch mal mächtig auf die Pauke hauen will. Und das tat er - nur wenige konnte er damit verwirren, dass er den Vornamen Valentin vorschützte und mit Schweizer Pass angereist war. Nach sieben Minuten schoss Stocker dem SC Freiburg ein gnadenloses Tor hinein, von dem sich die Duttsche Mannschaft in diesem Spiel nie mehr ganz erholen sollte. Wenngleich Mendy wenige Minuten später den Antworttreffer einköpfte, der SC kam einfach nicht mehr recht in Schwung.
Doch Stocker war beileibe nicht der einzige Wiederauferstandene auf dem Platz. Die Stadionanzeige führte auf der Freiburger Habenseite die langvermisste Nr. 38, mit Namen ömer Toprak, dessen erste Namenssilbe bereits darauf verweist, dass er einem alten Geschlecht von Ballfreunden entstammt (Top ist türkisch und bedeutet Ball; ehrlicherweise sei hinzugefügt, dass das komplette Wort Toprak mit "Boden" zu übersetzen ist). Ob Ball oder Boden, sei's drum - Toprak steht wieder fest auf letzterem und kickt munter ersteren. Sein eigentliches Comeback fand bereits in der spanischen Trainingswoche statt, wo der SC merkwürdigerweise gegen Elche anzutreten hatte. Waren die Freiburger bereits einen Temperaturschock von cirka 15 Grad Differenz ausgesetzt, wie mag es erst den Elchen so fern der Tundra zumute gewesen sein. Nichtsdestotrotz gewannen die Elche.
Zurück auf dem Rasen Freiburgs wurde Toprak ausgesprochen herzlich von jenen rund tausend Zuschauern empfangen und noch herzlicher nach sechzig Minuten souveräner Spielzeit verabschiedet. Anblicke, bei denen man die Freiburger Fangemeinde richtig lieb gewinnen kann. Es ist überhaupt ganz was Besonderes, so ein Testspiel mit überschaubarer Besucherzahl und ohne großes Tamtam. Man bekommt viel mehr von der Kommunikation auf dem Platz mit, so zum Beispiel die für Außenstehende zunächst etwas uneindeutig wirkende Anweisung Butschers an seine Mitspieler: "Scheiiiißeeee!" Das Publikum, das sich übrigens maßgeblich aus Kindern und Teenies zusammensetzte, staunte über solche lebensnahen Eindrücke nicht schlecht und gab sich auch sonst eingehenden Betrachtungen der Spielerpersönlichkeiten hin. Vielfach schallten Kommentare kreuz und quer, die summa summarum darauf hinausliefen, dass Monsieur Sharqi vom FC Basel die eindeutige Nummer Eins in der mannschaftsübergreifenden Rangliste von Freiburgs Teeniemädels ist. Er sei "sooo süüüß!"
Na ja.
Dass die Basler Mannschaft im Vergleich den deutlich besseren Eindruck machte, sei jedoch unangefochten: Ball-, kombinations- und vor allem selbstsicher wirkten die Gäste und trotz der Minusgrade quicklebendig. Dennoch hätte es eigentlich beim 1:1 bleiben können, wäre da nicht der Elfmeter gewesen, den Almerares, der als Foulopfer Pouplins gehandelt wurde, jenem mühelos einschob (58.). So endete das Spiel mit 1:2. Aber auf das Ergebnis schaute ohnehin niemand so recht, was wiederum ein eindeutiger Vorzug eines Testspiels ist.
Patrick Widmann
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12.12.2009, Badenova-Stadion Freiburg:
Neuerliche Defensivverteidigungsrechtfertigung
SC Freiburg vs. 1. FC Köln 0:0
Mit der längst zur fixen Idee gewordenen Dauersorge Dutts vor gegnerischen Kontern zitierte sich Dutt auch heuer wieder selbst (vgl. auch "Gesittet gewonnen: Dutts Konter-Paranoia zahlt sich aus). Erneut erklärte der Fußballlehrer nach dem torlosen Gastspiel der Kölner im Stadion an der Dreisam das Vorgehen - oder treffender: das Unterlassen des nach vorne Gehens - seiner Schützlinge mit der Notwendigkeit, Konterchancen zu verhindern. Was beim Freiburger Antikontertrainer mittlerweile ein wenig marottig wirkt, war im aktuellen Fall durchaus angemessen. Und es hat auch funktioniert.
Ob damit gleichsam erklärt ist, warum bei diesem Spiel an der Dreisam überhaupt kein Tor fiel? Gewiss nicht. Hier brachte Dutt jedoch bereits im Vorfeld Licht ins Dunkel: Es werde ein Geduldsspiel, so weissagte er. Wer gut zugehört hatte, war also gewarnt.
Erinnert man sich an den letzten Besuch des 1. FC Köln an der Dreisam (wir berichteten), so unterschied sich jene Partie vor knapp zwei Jahren von der diesjährigen durch mehr Pfeffer und vielleicht auch mehr Mut auf beiden Seiten. Auch damals waren Typen auf dem Feld, die - wie diesmal Podolski - durch Einzelleistungen das Spiel bestimmten. Doch damals hieß einer davon Jäger und landete den sagenhaften, wenn auch einzigen Treffer. Das damalige Tor fiel in der 58. Minute, so darf es nicht verwundern, dass Jäger diesmal pünktlich zur 61. Minute ausgemustert wurde - hatte er doch bereits drei Minuten lang die Hoffnung auf eine Neuauflage enttäuscht.
Was Mut und Pfeffer anbelangt, so waren jedoch auch die äußeren Bedingungen bei der damaligen Begegnung an der Dreisam deutlich besser: Das Treffen fand an einem wunderschönen Frühlingstag bei hormonell hochanregenden klimatischen Verhältnissen statt, wohingegen das diesjährige Treffen den gefühlten Winteranfang mit sich brachte und den wohlverdienten Winterschlaf einläutete.
Einer zumindest wird auf den Fußballnachmittag hin ganz sicher sehr lange geschlafen haben. Ein junger Mann, der sich selbst lauthals bezichtigte Podolskis Cousin zu sein, durchtorkelte nach dem Spiel das Stadion und einige Nebenräume. Er bereitete das Zusammentreffen mit seinem berühmten Verwandten mit mächtigen Mengen an Rotwein nach, mit denen er sich bis zur Unkenntlichkeit zusammensoff. Nach einer Sitte, die er vielleicht aus Köln mitgebracht hatte, geruhte er den badischen Tropfen vorsichtshalber mit Cola zu verfeinern, was seinen Winterschlaf erheblich verlängern dürfte.
Damit schalten wir abschließend kurz nach Köln, wo die Vereinsseite des dortigen 1. FC eine ganz eigene Defensivverteidigungsrechtfertigung liefert: Immerhin habe man einen Bundesligarekord aufgestellt, indem man sechs Auswärtsspiele in Folge ohne Gegentreffer überstand ( vgl. www.fc-koeln.de). Diese Erfolgsmeldung weist deutlich genug darauf hin, dass es Land auf, Land ab tatsächlich höchste Zeit für die Winterpause ist. Dem SC Freiburg sei jedoch gewünscht, dass er am Vorabend des vierten Advents die eigene Tür hoch hänge und das Dortmunder Tor weit geöffnet vorfinde. Die Fans können sich ja schon mal drauf einsingen (Tipp: Johann Anastasii Freylinghausen: Geistreiches Gesang-Buch, den Kern alter und neuer Lieder Wie auch die Noten der unbekannten Melodeyen / Und darzu gehoerige und nuetzliche in sich haltend. Halle 1704, S. 7f. ).
Patrick Widmann
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21.11.2009, badenova-Stadion, Freiburg
Trauriger Samstag
SC Freiburg vs. Werder Bremen 0:6
Beeindruckend, die Stille im Stadion. 24.000 Fans gedenken in einer Schweigeminute Achim Stocker und auch Robert Enke. Vor dem Spiel wurden Pappkartons verteilt, die die Fans jetzt vor sich halten. Die Freiburger Fankurve ganz in schwarz.
Zu Ehren von Achim Stocker: Die Nordtribüne hüllte sich in Schwarz und schwieg - man wünschte sich, sie würden das gelegentlich auch ohne den traurigen Anlass tun.
Mein zweiter Besuch im badenova-Stadion begann daher etwas ruhiger - und ging nach dem Anpfiff umso lebhafter weiter: Ein schneller Beginn der Freiburger führt zu guten Chancen, allerdings nicht zu einem Tor. Leider. Denn nach der ersten Viertelstunde drehen die Bremer auf. Nur einem Schutzengel ist zu verdanken, dass das 0:1 (nach einem herrlichen Kopfball von Almeida, 31. Minute) nicht früher fiel. In den folgenden 15 Minuten passierte nicht viel. Zeit, sich mal umzuschauen: mancher Kollege auf der Pressetribüne surft im Internet (google: Bremen Siegesserie), auf dem Handy werden die neuesten Erkenntnisse ausgetauscht, entscheidende Szenen werden auf dem Bildschirm der Fernsehkommentatoren nachvollzogen. Ist aber auch wirklich praktisch: tappten die Freiburger mal wieder in die Bremer Abseitsfalle, streckten sich die Hälse der Reporter (einschließlich meiner), um einen Blick auf die Wiederholung zu erhaschen. Ein ungutes Gefühl beschlich mich, als kurz vor der Pause auf dem Bildschirm des Laptops vor mir der Satz "Werder Bremen gewann an diesem Samstag beim SC Freiburg" auftauchte… Ein 0:1 sollte doch noch aufzuholen sein, zumal die Freiburger ein offensives Spiel zeigten… Oder doch ein böses Omen?
Die Gegentribüne gab sich ganz im Freiburg-Look. Zu Ehren eines Mannes, der im letzten Jahrhundert den Freiburger Sport geprägt hat, wie kein zweiter: Achim Stocker.
In der Pause verkündete die Fisherman´s Friend Werbung "laut sein, stark sein, Gewinner sein" und ruft zum "Fan-Schrei-Wettbewerb" auf. Will irgendwie nicht zum Beginn dieses Fußballnachmittags passen. Wurde nicht in jedem Stadion an diesem Wochenende mit Trauerbinden gespielt, in Gedenken an einen, der nicht schwach sein durfte? Der immer laut und stark und Gewinner sein musste? Willkommen zurück in der Fußball-Realität.
Nach der Pause ging es munter weiter, die Freiburger spielten wie zu Anfang der ersten Halbzeit aufs Bremer Tor, nur wollte der Ball einfach nicht über die Linie. Eine kurze, und recht plötzliche Euphorie der Fans um mich herum irritierte, der Grund war nicht gleich zu erkennen (kein Anschlusstreffer), also was war das? Mein Blick fiel auf die Anzeigentafel, dort blinkte das 0:1 in Stuttgart auf… Meine Entrüstung legte sich schnell, als kurz darauf (50.) Marko Marin einen Freistoß ins Tor zirkelte - 0:2. Damit war es um die Freiburger geschehen, die Bremer waren zeitweilig zu schnell für die Freiburger Abwehr und so purzelte ein Tor nach dem anderen ins Stadion; fast fühlte man sich in Bremen. Beeindruckend blieb die Haltung der Freiburger Fans, selbst nach dem 0:5 wurde die Mannschaft stehend angefeuert, das 0:6 führte dann doch zur Massenflucht auf den Rängen. Wir waren uns einig: die Freiburger hatten es nicht verdient, so hoch zu verlieren. Die Prophezeiung des Kollegen hatte sich, trotz eines guten Freiburger Spiels, erfüllt: Werder Bremen gewann am Samstag gegen den SC Freiburg.
Am Ende des Spiels segelte ein roter Pappkarton zum Flugzeug gefaltet ruhig ins Stadion. Der 13. Spieltag war ein eher trauriger Samstag.
Killerkatze
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01.11.2009, Achim-Stocker-Stadion, Freiburg:
Bratwurstfußball oder Kapitalismus
SC Freiburg vs. 1899 Hoffenheim 0:1 (0:1)
In der letzten Woche wurde bekannt, dass eine Choreo der Freiburger Ultras auf der Nordtribüne vom Verein untersagt wurde. Diese Entscheidung sorgte für Diskussionen über Meinungsfreiheit und Zensur von vermeintlich mündigen Fans. Es sollten Flyer, mit einer Gegenüberstellung der beiden Vereine in Punkto Finanzkraft, Tradition und allgemeine Struktur verteilt werden. Ob dieses Demoblatt so seinen Zweck erfüllt hätte sei dahingestellt, da der Inhalt für die meisten Stadiongänger eh nichts Neues war.
Die Meinungsfreiheit ist im Grundgesetz verankert und es sollte peinlichst darauf geachtet werden, dass Peking nicht überall ist. Hauptperson der neuerlichen Diskussion ist einmal mehr der Hoffenheimer Mäzen Dietmar Hopp mit seinem Modell des "modernen Fussballs": Kapitalismus auf dem Platz! Was vor geraumer Zeit noch als symphatischer, kleiner Verein mit Ambitionen nach grösseren Taten war, ist in den Augen vieler Ultra-Gruppierungen zu einer existenziellen Bedrohung der traditionsreichen Vereine mutiert. Der Milliardär Hopp hat der TSG 1899 Hoffenheim, seinem Lieblingsclub aus seiner Heimat, einem einst unbekannten Fußballverein aus einem badischen Dorf, viele Millionen Euro gegeben, damit fing das Drama an.
Simon Pouplin vereitelt die Hoffenheimer Führung.
Der kleine Verein hat verblüffend gute Spieler gekauft, die bis dahin niemandem groß aufgefallen waren, nun aber gegen die Spieler großer Vereine verblüffend souverän gewonnen haben, sodass sich der kleine Verein verblüffend schnell auf den Spitzenplätzen der Bundesligatabelle festgesetzt hat. Ein Dorf steht weit oben, im Moment auf dem fünften Platz, und Hopp ist der Schuldige. Fans behaupten oft, es sei so schön gewesen, als die Männer auf dem Fußballplatz noch keine überbezahlten Legionäre waren, sondern in der Heimat aufwuchsen, Jungs aus den Wohnsiedlungen nebenan. Der Sage nach war der deutsche Fußball am spannendsten, als sich der zügellose Kapitalismus noch nicht an ihm vergriffen hatte.
Der Sage nach spielte damals, bis weit in die siebziger Jahre der Bundesrepublik, die Bratwurst eine entscheidende Rolle im Fußball. Die Bratwurst kostete nur eine Mark, jeder Zuschauer im Stadion konnte sich eine kaufen. Die Bratwurst hatte keine Konkurrenz in den Imbissbuden, überall nur Bratwürste, abgesehen vom Bier. Bloss, den Fussball von damals will heute doch niemand ernsthaft zurück haben. Man muss nur einmal versuchen, sich die Aufzeichnung eines erstklassigen Länderspiels aus dem Jahr 1972 anzuschauen, ganz eisern, bis zum Abpfiff. Es ist, in der Rückschau, überhaupt nicht auszuhalten. Die Langsamkeit, der zähe Spielfluss, fürchterlich. Das war der Bratwurstfußball des unschuldigen Kapitalismus. Es ist viel darüber geschrieben worden, wie der Kapitalismus den Fußball deformiert. Es sollte mehr darüber geredet werden, welche Begeisterung das Geld erst möglich macht.
Zensur der billigen Parolen.
Wäre man ehrlich, müsste man sogar zugeben, dass die allermeisten Spieler für die Fans gar nicht mehr richtig interessant sind, jedenfalls nicht als einzelne Charaktere mit verrückten Lebensgeschichten zum Nachblättern. Die Spieler sind Bannerträger eines Vereins, der seine Truppe mit den entscheidenden Farben ausstattet. Jeder Fußballfan weiß das, so lange, bis er es plötzlich bestreitet, immer dann, wenn er eine seiner Bratwurstgeschichten zu erzählen beginnt. Es wird Zeit, dass sich Fußballfans mit der hässlichen Schwester der Nostalgie vertraut machen: der Naivität. Es wird auch Zeit, den vorgeschobenen Moralismus zu überwinden. Hoffenheim ist nicht die erste Retortenmannschaft der Bundesliga, nur ist sie auf Anhieb erfolgreicher, als Leverkusen oder Wolfsburg.
Aber vielleicht ist Hoffenheim auch deswegen ein so beliebtes Feindobjekt, weil Dietmar Hopp als Einzelperson angreifbarer ist als ein anonymer Konzern. Der VfL Wolfsburg und Bayer Leverkusen werden von den Traditionalisten nicht gerade geliebt, aber akzeptiert und bewundert für professionelle Arbeit. Und wenn sich ein Mann im Stadion anhören muss, dass er der Sohn einer Frau mit häufig wechselnden Sexualpartnern ist, dann ist das die unterste Schublade von Fandasein und hat mit dem Sport rein gar nichts mehr zu tun. Das zielt einzig und allein auf Beleidigung und Verletzung der persönlichen Ehre ab und müsste zensiert werden. Hiermit wird die eigene Mannschaft in keiner Weise unterstützt und als Folge davon, die Ultras nicht mehr ernst genommen. [Wer hat die je ernst genommen? the Säzzeress] Warum gab es gestern denn Pfiffe aus den eigenen Reihen für die Pöpelgesänge der Nordtribüne? Es gibt wahrlich bessere Choreos, die die Stimmung im Stadion verbessern und die Mannschaft unterstützen, als irgendwelche pubertären Handzettel. Oder um was geht es eigentlich im Fandasein?
Reisinger einen Schritt zu spät.
Solange allerdings die Meinungen, die im Stadion verbreitet werden möchten, nicht persönlich beleidigend sind, gibt es keinen Grund Spruchbänder zu zensieren. Denn da geht es nur um Machtkampf, was wiederum mit den Handzetteln zu vergleichen ist…
Das einzig Tröstliche für die Freiburger war nach 45 Minuten der Halbzeitstand. Dass der Aufsteiger aus Südbaden zur Pause nur 0:1 (39. Maicosuel) gegen die Nordbadener zurück lag, war reine Glückssache und auch ein Verdienst des tüchtigen Torwarts Pouplin. In der zweiten Hälfte war der SC mutiger und konnte das Spiel offener gestalten, es reichte aber nicht mehr zu einem Punktgewinn. Auch die Hoffenheimer machten aus ihren Chancen nichts mehr Zählbares und fuhren, wenn man den gesamten Spielverlauf sieht, verdient mit drei Punkten in den Kraichgau zurück. Abschliessend bleibt zu berichten, dass mit einer Fussballschule und deutlich kleinerem Etat die Liga auch gehalten werden kann, allerdings braucht es dazu auf keinen Fall so eine grottenschlechte erste Halbzeit!
sw
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17.10.2009, Badenova Stadion Freiburg:
Der Geist erwachte nicht
SC Freiburg vs. FC Bayern München 1:2 (0:1)
Wenn der FC Bayern samt Gefolgschaft in den Breisgau kommt, dann ist Ausnahmezustand angesagt. Das allgemeine Interesse übersteigt das normale Maß und auch auf der Pressetribüne kommt man sich vor, wie bei der 'Druggede' auf dem Oktoberfest. Nur das es für die Pressevertreter anstelle von Schweinshaxen, belegte Brötchen und lauwarme Wienerle gibt.
Was waren das für Zeiten, da sich die Bayern lieber auf oben besagtem Fest vergnügt hätten, als in den Breisgau zu kommen, ohne Punkte und mit dem Spott der Fußballnation wieder abzureisen. Der Geist vom Dreisamstadion mitsamt den Legenden von Uwe Wassmer, Rodolfo Cardoso und Harry Decheiver liegt schon einige Jahre zurück und die Angst der Bayern wird wohl mit dem Golfball aus dem Stadion geflogen sein.
Kurz vor der Bayern-Führung.
Da ich wegen meinen Neigungen zum FC Bayern innerredaktioneller Prügelknabe bin und mir schon einiges deswegen anhören musste, versuche ich mal, die Meinungen der Nicht-Bayern Fans mit meinen Worten auszudrücken:
Der Bayern Fan...ist eigentlich keiner...
Jeder Fußballfan weiß es intuitiv. Es ist nicht nötig, es auszusprechen. Keiner zweifelt daran. Und doch gibt es das Bedürfnis, es ein für alle Mal festzustellen:
Es gibt keine Bayern-Fans. Ohne Zweifel, es gibt Menschen, die sich einbilden, Fans von Bayern München zu sein. Ihrem äußeren Verhalten nach könnte man sie auch als solche wahrnehmen. Sie tragen die Trikots ihrer Mannschaft, jubeln bei Treffern für ihr Team, lesen in der Zeitung jede noch so unwichtige Meldung über ihren Verein und fiebern dem nächsten Spieltag entgegen.
Aber ihnen fehlt doch das Eigentliche, die Essenz des Fan-Seins: Verzweiflung. Es gibt keine Anhänger des FC Bayern, die jemals von diesem Gefühl gepackt wurden. über Tage hinweg wie gelähmt zur Arbeit zu gehen, im Kopf nur der Gedanke an die drohende Niederlage, das endgültige Aus, den Abstieg, den verpassten Aufstieg oder UEFA-Cup-Platz. Bayern-Fans haben immer eine Gewissheit, die sie immun macht gegenüber jedem Gefühl der Angst und der Ausweglosigkeit. Sie wissen, ihr Klub kann jede verpasste Chance nachholen. Wenn nicht diesmal, dann eben nächste Saison. Was soll's, wir holen uns schon die richtigen Leute. Es gibt keinen Bayern-Anhänger, der jemals mit ansehen musste, wie sein Team zum sechsten Mal in Folge verliert. Kein Bayern-Anhänger saß jemals zitternd vor dem Radio und fürchtete sich davor, dass der Reporter ein Tor aus einem Stadion verkündet, in dem sein Klub gerade das überlebenswichtige 0:0 über die Zeit zu retten versucht.
Natürlich, Bayern hat schon bittere Niederlagen hinnehmen müssen, so etwa 1982 im Europacup-Finale gegen Aston Villa, 1987 gegen Porto oder 1999 gegen Manchester United. Mehrfach wurde die Meisterschaft knapp verpasst. Aber dieses Gefühl, das 30.000 Werder-Fans (verzeih mir Bishop) ergriff, als Kutzop den Elfmeter an den Pfosten setzte, werden Bayern-Anhänger nie erleben. Dieser Aspekt der verzweifelten Hingabe fehlt jedem, der sich für den FC Bayern entschieden hat. Und es ist gerade das, was diesen Verein für Millionen Menschen so attraktiv macht. Der natürliche Grundzustand des Bayern-Anhängers ist also nicht Verzweiflung, das Gefühl der Ausweglosigkeit und Schwäche, sondern Bayern-Anhänger leben in einem Ausgangszustand der Arroganz und überlegenheit. Bayern-Anhänger sind keine Fußballfans, sondern Feiglinge, unfähig zu wahrer Hingabe, die das Risiko einschließt, tief enttäuscht zu werden.
So ist das sicher etwas übertrieben formuliert und der FC Bayern hat sicher auch seine Krisen, nur auf einer anderen Ebene. Wenn der SC gewonnen hätte, dann wäre 'ne Riesen Party gestiegen und so haben die Bayern einfach eine Pflichtaufgabe erfüllt.
Das 2:1 kam durch Tore von Thomas Müller (42.) und ein Eigentor des Freiburgers Cha (68.) sowie einen Treffer von Reisinger in der Nachspielzeit in einer spannungsarmen Partie zustande. Dafür war der qualitative Unterschied der beiden Teams zu groß. Die Bayern waren überwiegend in Ballbesitz aber hatten zu wenig Durchschlagskraft nach vorne. Der SC hingegen konnte den Respekt nie wirklich ablegen und lies einige der guten 'Duttschen' Tugenden vermissen. Das Anschlusstor kam einige Minuten zu spät, ansonsten hätte man den Geist vergangener Tage vielleicht wieder aufleben lassen können…
sw
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27.09.2009, badenova-Stadion, Freiburg:
Mein erstes Mal.
SC Freiburg vs. Borussia Mönchengladbach 3:0 (0:0)
Ich soll also über Fußball schreiben, obwohl ich vom Bundesligawahnsinn keine Ahnung habe. Keine mehr. Vor ein paar Jahren, als ich noch zu Hause wohnte, fand ich mich im Fußballdschungel der Spieler, Ergebnisse und Bundesligatabelle noch bestens zurecht. Allerdings schlug mein Herz damals für den anderen (rot-weißen) Verein, aber darüber schweige ich besser. Spätestens nach einem Lokalderby, bei dem uns aus der Gegentribüne ein wenig freundliches "zieht den Schwaben die Spätzle aus dem … Hinterteil" entgegenschallte, war klar, dass diese Beziehung keine einfache wird. Und doch bin ich jetzt beim SC gelandet. Sämtliche Einwände wurden im Vorfeld entkräftet - ich solle schreiben. Na gut.
Musste ein ums andere mal dem Eckstossschützen weichen: Die Duravit-Bande.
Die Bedingungen für einen gelungenen Fußball-Sonntagnachmittag waren dann auch hervorragend: strahlender Sonnenschein, ausverkauftes Stadion und meine Bürgerpflicht hatte ich auch schon erfüllt. Vor dem Stadion stehend, stellte sich daher bereits eine gewisse Vorfreude ein, gegen Mönchengladbach sollte ein Sieg zu schaffen sein. Erster Eindruck vom Stadion: irgendwie übersichtlich, und mit den grünen Hängen des Schwarzwaldes auch irgendwie idyllisch. Da gingen die paar Gladbacher Fans in ihren grün-weißen Trikots schon fast unter… Ganz in meine Betrachtungen versunken (warum spielt Du-Ri Cha in himmelblauen Schuhen?), bemerkte ich nach den ersten fünf Minuten eine Affinität der Freiburger zu Eckstößen. In der 15. Minute und bei der vierten Ecke war klar, auf welches Tor heute gespielt wurde. Dieser Strategie blieben die Freiburger treu, Angriff aufs Gladbacher Tor hauptsächlich über rechts führte oft zu einer Ecke, die dann von Ivica Banovic ausgeführt wurde. Trotz dieses recht einseitigen Spiels fand der Ball in der ersten Halbzeit seinen Weg nicht ins Tor der Gladbacher. Es blieb also genug Zeit, die Aufmerksamkeit anderen Dingen zuzuwenden: Was zum Beispiel erschreckte den Gladbacher Spieler Tobias Levels, dass er beim Einwurf den Ball hinterm Kopf einfach fallen ließ? Warum riskiert ein Freiburger Spieler im Strafraum der Gladbacher mit einer so offensichtlichen Schwalbe bei so vielen Torchancen der Freiburger eine Karte? Dank dieser Aktion wurden die letzten fünf Minuten der ersten Halbzeit noch richtig lebhaft, die Spieler stritten, die Zuschauer pfiffen und alle gingen danach erst mal in die Halbzeitpause.
''Auf Geht's Gladbach, Duschen und Heimfahren...'' - Die Nordkurve einmal geistreicher als sonst.
Die Prophezeiungen der Halbzeitpause ("Die Männer gewinnen diese Saison eigentlich immer, wenn die Frauen verloren haben" SC Freiburg - Potsdam 0:5) sollten sich in der zweiten Halbzeit recht schnell erfüllen. Kurz nach der allerersten Ecke der Gladbacher (50. Minute), führte ein schöner Pass von Banovic auf den Kopf von Idrissou zum 1:0 - und läutete den Anfang vom Ende der Gladbacher ein. Da half auch das gefährliche Strafraumspiel der Gladbacher nichts, das Umschubsen der Freiburger durch die Gladbacher Abwehr hätte bei einem schlechten Tag des Schiries durchaus zum Elfmeter führen können. So aber blieben den Freiburgern die Ecken (bei denen die Duravit Werbebande doch öfter mit Füßen getreten wurde): die 14. Ecke führte zu einem wunderschönen Schuss durch Abdessadki und zum 2:0. Das Spiel lief anschließend recht munter weiter, zu meiner Verwirrung rannten plötzlich noch ein zweites paar himmelblauer Schuhe über den Platz, die jedoch kurze Zeit später für allgemeinen Jubel sorgten, das 3:0 durch Julian Schuster (80. Minute). Danach konnten die Gladbacher nur noch den Rat der Freiburger Fans befolgen: "Gladbach, duschen und heimfahren…!".
Dieser Sonntag endete zur allgemeinen Fußball-Zufriedenheit: Mit 15 Ecken fährt Freiburg den ersten Heimsieg dieser Saison ein, ich habe mein erstes Mal im badenova-Stadion überlebt und der andere Verein hatte am Samstag ebenfalls gewonnen. Bei den ersten Prognosen zur Bundestagswahl erfuhr ich, dass in der FDP-Zentrale gefeiert wurde, "wie im Fußballstadion". Roter Jubel war irgendwie schöner.
killerkatze
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12.09.2009, badenova-Stadion, Freiburg:
Bittere Heimpleite für den SC Freiburg
SC Freiburg vs. Eintracht Frankfurt 0:2 (0:1)
Vor gut 23.600 Zuschauern trennten sich der Sportclub Freiburg und Eintracht Frankfurt im badenova-Stadion in einem alles in allem schwachen Bundesligaspiel mit 0:2.
Die Gastgeber aus dem Breisgau wollten mit dem Selbstvertrauen, nach dem eher unerwarteten Sieg gegen Schalke die nächsten drei wichtigen Zähler im Abstiegskampf sammeln, was sich jedoch gegen die noch ungeschlagenen Frankfurter schwerer darstellte als zunächst gedacht.
Landet nur an der Latte: Die beste Chance der Breisgauer.
Ohne den erwarteten Schwung und Biss neutralisierten sich beide Mannschaften auf schwachen Niveau, einzig Freiburgs Abdessadki zeigte spielerische Glanzpunkte, ohne aber jedoch dabei effizient zu sein. Das zentrale Mittelfeld der Freiburger ermöglichte in der Anfangsphase des Spiels durch leichte Ballverluste, dass die Frankfurter ihr spielerisches Potential in der Offensive zumindest andeuten konnten. Trainer Dutt reagierte und zog Flum auf die rechte Seite des Mittelfelds, wobei Schuster nun die zentrale deutlich besser im Griff hatte.
Interessanter wurde es in der zweiten Halbzeit. Schon wenige Minuten nach dem Wiederanpfiff schoss Banovic einen Freistoß aus gut 17 Metern an die Unterkante der Latte. Dies war ein kleiner Weckruf für die Partie. Wo es im Mittelfeld in der ersten Halbzeit noch Ideenreichtum mangelte, gab es jetzt Chancen auf beiden Seiten zu verzeichnen.
Tommy Bechmann: Drei gelbe Karten für Frankfurt waren die Folge von Fouls am Dänen.
Nach 55 Minuten nahm sich Bechmann ein Herz. Sein Schuss konnte jedoch von starken Nikolov pariert werden. Auf der anderen Seite kam Teber nach einer schwachen Kopfballabwehr per Volleyschuss zur ersten Chance der Gäste, der Ball ging jedoch knapp über die Latte (65.). Kurze Zeit später dann der erste Treffer: Nach Freistoß von Schwegler verpasste zunächst Teber, aber Franz stand goldrichtig am langen Pfosten und brauchte nur noch einzuschieben (68.).
Danach kam noch mal Feuer ins Spiel. Der SC versuchte noch mal alles, doch alle Chancen wurde vom guten Gästekeeper Nikolov zunichte gemacht. So auch in der 75. Minute, als er mit einer tollen Parade die verunglückte Flanke von Cha noch zum Eckball lenken und seine Mannschaft vor dem Ausgleich bewahren konnte. Letztendlich schmiss die Heimmannschaft alles nach vorne und die Frankfurter kamen folgerichtig zu ihren Konterchancen. Zunächst hatte der SC noch Glück als der eingewechselte Liberopoulos einen Angriff in der Nachspielzeit nicht erfolgreich abschließen konnte.
Drin isser: das entscheidende Frankfurter 1:0.
Doch zwei Minuten später fiel die Entscheidung. Einen schön heraus gespielten Konter über Liberopoulos und Köhler vollstreckte Meier zum 0:2 für die Gäste.
Beide Trainer hatten nach dem Schlusspfiff weitgehend die gleiche Sicht auf das Spiel. Frankfurts Trainer Skibbe in der Pressekonferenz: "Wir haben in den ersten 30 Minuten den Ball gefährlich und gefällig laufen lassen, ohne uns allerdings viele Torchancen herausarbeiten zu können. In der zweiten Halbzeit hatten wir bei dem Freistoß von Banovic mächtig Glück, dass wir nicht in Rückstand geraten sind. Auch nach unserem 1:0 haben wir uns weit nach hinten zurückdrängen lassen. In dieser Phase konnten wir uns bei Oka Nikolov bedanken, dass wir am Ende den Sieg einfahren konnten." Sein gegenüber Dutt: Beide Mannschaften mussten viel kämpfen, um sich in der ersten Halbzeit Torchancen herauszuspielen. In der zweiten Halbzeit haben wir durch taktische Umstellungen versucht, das Heft in die Hand zu nehmen. Insgeheim hofften wohl beide Trainer, durch Standards zum Erfolg zu kommen, denn es war klar, wer in diesem Spiel das erste Tor erzielt, gewinnt wahrscheinlich auch. Frankfurt geht dennoch nicht unverdient vom Platz, und wir werden die kommende Woche nutzen, um unsere Fehler abzustellen."
R.K. / Fotos: sw
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09.08.2009, Badenova-Stadion Freiburg:
Der SC Freiburg meldet sich zurück
SC Freiburg vs. Hamburger SV 1:1 (0:1)
Am Sonntagnachmittag holte der SC Freiburg den ersten Zähler in der Bundesligasaison 2009/2010. Freiburg hätte die Begegnung aber auch gewinnen können, ja müssen. Die hoch eingeschätzten Gäste von der Alster können mit dem einen Punkt jedenfalls wesentlich besser leben als der SC Freiburg.
Die Partie begann bei schwülwarmem Wetter furios. Ausgerechnet der ehemalige Freiburger Jonathan Pitroipa, den die Fußballsachverständigen auf der Nordkurve von Anfang an auspfiffen, nutze bereits in der dritten Minute eine schlecht abgewehrte Ecke und hämmerte den Ball aus elf Meter unhaltbar in die linke untere Torecke (0:1). Der HSV schien seiner Favoritenrolle gerecht zu werden und zog die Begegnung an sich. Schnell und ballsicher kombinierte das Team von Bruno Labbadia, lies aber den letzten Zug zum Freiburger Tor vermissen.
Endlich wieder Bundesliga in Freiburg! Der HSV (rechts) zu Gast.
Freiburg erholte sich schnell vom Rückstand und fand immer besser in die Begegnung. Ab der 15. Spielminute war der SC die bessere Mannschaft. Flott wurde das Mittelfeld überbrückt, es knarzte jeweils beim letzten Pass oder bei der Flanke. "Wir haben unsere Angriffe nicht sauber zu Ende gespielt", hätte ein ehemaliger Trainer das Szenario wohl beschrieben. Die grösste Chance bot sich in der 19. Minute Tommy Bechmann. Eine scharfe Hereingabe von Du-Ri Cha brachte er, noch bedrängt, aus kurzer Distanz nicht im Tor unter.
In der zweiten Hälfte änderte sich nichts am Spielverlauf. Hamburg verwaltete den knappen Vorsprung, Freiburg rannte an. In der 65. Minute wurden Robin Dutts Mannen endlich belohnt.
Wird keinen Fairnesspreis gewinnen: Die Nordtribüne.
Mo Idrissou checkte den zuvor eingewechselten David Rozehnal einfach aus dem Weg; seine scharfe Flanke lenkte Tommy Bechmann mit viel Glück und dem Schienbein über den chancenlosen Frank Rost. Der Ausgleich war allerdings mehr als verdient. So unschön wie unnötig dann ein böses Foul von Tommy Bechmann an Jonathan Pitroipa der den Ball schon gespielt hatte und darauf verletzt ausgewechselt werden musste, was die Intelligenzbestien auf der Nord zu "auf Wiedersehen, auf Wiedersehen" Gebrüll animierte. Dieses widerliche Geschrei wurde allerdings vom Rest des Publikums mit einem gellenden Pfeifkonzert quittiert.
Robin Dutt wechselte in der 83. Spielminute mit Stefan Reisinger und Cedrick Makiadi noch zwei neue Offensivkräfte ein; zum Sieg sollte es indes nicht reichen, auch weil Schiedsrichter Peter Sippel ein klares Foul von Dennis Aogo an Tommy Beckmann nicht sehen wollte. "Wir haben eine erste Duftmarke gesetzt" meinte Freiburgs Trainer Robin Dutt nach dem Spiel. Eine "Duftmarke" wäre es gewesen, wenn der SC Freiburg einen pomadigen und stellenweise arg leblosen Gegner, der 70 Minuten dominiert wurde, klar geschlagen hätte. So hat der SC eher zwei Punkte verschenkt. Der VfB Stuttgart, der ja nach der Auftaktniederlage in Wolfsburg schon unter Zugzwang steht, dürfte am nächsten Wochenende eher ein Gradmesser für die wahre Leistungsstärke des SC Freiburg darstellen.
The Bishop
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