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25.04.2005
Silbermond in der Stadthalle Freiburg
Die gute alte Stadthalle Freiburg. Inzwischen in die Urbanität eingebettet, vom alten Messplatz ist nur noch ein kleiner Streifen übrig, der wohl vor Räumen mit solchen Menschenansammlungen mehr als angemessen ist.
Angesichts zweier Vorbands, die jeweils rund 20 Minuten spielen dürfen, ist das späte Erscheinen kein Problem.
Beide Vorgruppen machen soliden, guten Rock, ohne viel Schnick-Schnack und Getue. ["handg'macht" dät mer bi uns sage, the säzzer]. Das Konzert ist nicht ausverkauft, aber rund 3000 Leute haben sich in der Stadthalle Freiburg eingefunden. Eine angenehme Atmosphäre, kein allzu großes Gedränge, wenn man nicht gerade in der ersten Reihe Mitte stehen will. Der Sound weitgehend ok, wenn man am Rand steht macht sich's bemerkbar, dass die Tribüne - wohl mangels Masse - nicht offen ist, und folglich alles ungedämpft zurück kommt. Hallige Halle eben.
Cocker war voller, brechend, was man so hört, aber das ist ja auch kein Wunder; die Teenies bekreischen während der Umbaupausen jeden Roadie, der die Bühne betritt; für mich persönlich ist's die "Fotograbenpremiere", der Fotograf war verhindert, ich musste mich also alleine ins Getümmel stürzen, wobei im Fotograben ja angenehm viel Platz war, sozusagen die nullte Reihe. Soweit zu den Rahmenbedingungen.
Ein furioser Anfang, dunkle Bühne, Bass, Gitarre und Schlagzeug bereits besetzt, nur von der Sängerin Stefanie Kloß keine Spur. - überraschung - sie steht nicht etwa auf der Bühne, sondern auf der Tribüne, über allen und allem und singt "Letze Bahn". Danach lässt sie sich von Roadies den Weg mitten durch's Volk bahnen.
Leider schon als zweites "Du und ich" - mein persönliches Lieblingsstück. Subjektiv betrachtet der Höhepunkt zu früh. Doch es sollten Weitere folgen: nach 'ner Dreiviertelstunde kommt die "Rubrik Wunschlied" zum Zuge. Das Publikum - besser gesagt einige aus der ersten Reihe dürfen sich ein Lied wünschen - selbstverständlich nicht von Silbermond - dass dann spontan interpretiert wird. Die Wahl fällt auf ein mir gänzlich unbekanntes HipHop-Stück, die Textschwäche ("wir müssen mit der zweiten Strophe anfangen, die erste kann ich nicht") spricht dafür, dass es tatsächlich improvisiert ist.
"Verschwende Deine Zeit" kommt sehr getragen im Hawaii-Look rüber, dann eine wunderschöne Ballade nur mit Keyboards und Gesang interpretiert und eine Art "unplugged"-Version von "1000 Fragen" - eigentlich schade um's Lied, das hat auf dem Studio-Album deutlich mehr pepp.
"Verschwende Deine Zeit", in einer zeitverschwenderischen Version im Hawaii-Look
Und dann machen alle Pause, außer dem Schlagzeuger, der die Rubrik "kulturelle Ecke" damit bestreitet, dass er Freiburg-Spezifische Aussagen bejubeln oder sich - im Falle, dass die Aussage nicht stimmt - ausbuhen lässt. Hier zeigt sich das niedrige Durchschnittsalter - ob Heidegger in Freiburg gelebt hat, weiß hier niemand, wahrscheinlich wissen sie nicht einmal, wer Heidegger war. (www.heidegger.org). Immerhin die Aussage, dass das Freiburger Münster im Barock erbaut wurde, wird mit einem heftigen buhen quittiert. Und um das Klugscheißen auf die Spitze zu treiben: Natürlich hat Freiburg einen grünen OB, aber der erste war es nicht. Gut die Hälfte des Publikums meint das aber wohl. Der erste war aber der Rechtsanwalt Horst Frank in Konstanz ("damals" haben wir das noch als Sieg empfunden...).
Furioses Finale
Mit "Durch die Nacht" wird die obligatorische Zugabe-Rufen-Pause eingeläutet, als Zugabe gibt's dann noch vier Stücke, dabei: "Wissen was wird" - was, wie auf dem Album auch, voll nach vorne losgeht und "Symphonie" perfekt interpretiert.
Der Funke sprang nicht so ganz über zwischen Silbermond und Freiburg, was aber auch an der badischen "nit-g'schimpft-isch-gnug-globt"-Haltung, oder auch am trüben Wetter der letzten Tage liegen mag. Dennoch unbedingt zur Wiedervorlage! Ein wenig mehr Lockerheit, die mit zunehmender Konzertroutine sicher kommen wird, wird Silbermond gut tun. Das Potential zum Top-Akt ist da.
jh
Silbermond aus Bautzen sind:
Stefanie Kloß (20, Gesang)
Johannes Stolle (22, Bass)
Thomas Stolle (22, Gitarre)
Andreas Nowak (23, Schlagzeug)
www.silbermond.de
Zuschauer: ca. 2500
Spieldauer: ca. 1:45 h
Zu-Spät-Quotient: 4