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Archiv / Ausgabe 6 / Seite 1
Kanzler ohne Schatten
Lafontaine: "Das Herz wird noch nicht an der Börse gehandelt, aber es hat einen Standort: Es schlägt links."
Oskar Lafontaine ist am 11. März 1999 als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und dem Amt des Bundesministers der Finanzen zurückgetreten. Wir dokumentieren hier in Auszügen seine Begründung:
"(...) Ich möchte zunächst sagen, daß die Entscheidung nichts zu tun hat mit der Richtung der Politik, die wir in den letzten Monaten gemacht haben. Wir sind stolz darauf, daß wir viele Versprechungen gehalten haben. Das ist etwas neues in der Politik, denn allzu oft waren die Wählerinnen und Wähler enttäuscht, weil die Versprechungen nicht eingehalten wurden. Wir wollten soziale Gerechtigkeit, wir wollten Politik für Arbeitnehmer und Familien machen. Diese Politik haben wir in Gang gesetzt, und wir finden auch sehr viel Zustimmung dafür.
Der Grund meines Rücktritts ist das schlechte Mannschaftsspiel, das wir in den letzten Monaten geboten haben. Ohne ein gutes Mannschaftsspiel kann man nicht erfolgreich arbeiten. Mannschaftsspiel verlangt, daß man Rücksicht aufeinander nimmt und das man auch zueinander steht (...) , und daß Teamgeist die Regierungsarbeit bestimmt. Ein Beispiel: Während wir die Mittelständler um fünf Milliarden entlasten, diskutiert die Mannschaft darüber, ob wir eine wirtschaftsfeindliche Politik machen. Das verstehe wer will. Wenn die Mannschaft nicht mehr gut zusammenspielt, muß man eine neue Mannschaftsaufstellung suchen. Dazu ist mein Schritt die Voraussetzung gewesen. (...)
Ich sage also noch einmal: Die Fehler, die gemacht wurden, haben wir alle gemacht. Und ich glaube, das ist eine Herangehensweise, die jeder akzeptieren kann.
(...) Ich bin 33 Jahre in dieser Partei. (...) Das heißt die Partei ist ein Stück meines Lebens. Ich habe seit dem Attentat in Köln mir natürlich immer wieder die Frage gestellt, wie weit ich diese große Belastung auch mit meiner Familie verbinden kann, (...). Und ich habe (mich) jetzt eben nach vielen Jahren für das Privatleben entschieden, (...) Ich gehöre zu dieser Partei. Und eines sollte nicht vergessen (werden): Das Herz wird noch nicht an der Börse gehandelt, aber es hat einen Standort: Es schlägt links. Ich danke Ihnen."
Kommentar: Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!
Bericht: Studiengebührenverbot vom Tisch
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