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LeserInnenbrief:
Das Nichtrauchersyndrom
Freitag Morgen, 8.25 Uhr, ich stehe im 2. Stock des A-Gebäudes und rauche meine Kippe. Die Letzte vor dieser Klausur. Und die letzten Gedanken, nicht fachspezifisch, schwirren durch mein Hirn.
Die ankommenden Profs sind die der nächsten 3 Stunden. Der eine schaut herüber, sagt „Schade, daß gestern das Nichtraucherschutztgesetz nicht verabschiedet worden ist" und grinst zu seinem Kollegen. Auch Nichtraucher.
Nichts gegen Nichtraucher, aber manchmal kommt mir dieses Volk spanisch vor.
Meinem Demokratieverständnis nach ist es meine Aufgabe, mich mit allen zu Verfügung stehenden Mitteln für meine Belange einzusetzen. Und wie das nun mal so ist heiligt das Ziel nicht immer alle Mittel, darum werde ich mich nicht mittels Verfassungsbeschwerde für gut fritierte Pommes in der Mensa einsetzten, sondern dem Koch mein Belang mitteilen, dem Studentenwerk einen Brief schreiben oder diesen Unmut wieder vergessen, weil ich auch ohne Pommes leben kann.
Bei Nichtrauchern habe ich inzwischen zwei völlig andere Strategien entdeckt, wie sie gegen undurchdringbare Rauchschwaden vorgehen.
Die einen sind der Meinung, da sie ja nur die Geschädigten und die Raucher die Aktiven seien, läge es auch an jenen, sich für die Rechte der Nichtraucher auf rauchfreie Luft einsetzten.
Die anderen warten auf ein Gesetz des Bundestags um die Flure der FH als rauchfrei zu definieren.
Warum muß ich als Raucher Nichtrauchern erklären, was meines Erachtens die geeigneten Mittel zum Erreichen Ihrer Ziele zu sein scheinen?
Das Problem ist eines der Vernunft. Auf jeder Zigarettenschachtel steht ‘Rauchen gefährdet die Gesundheit’, manchmal wird dem Raucher ein deutlicheres ‘Rauchen verursacht Krebs’ entgegengeschleudert. Warum 160 mg Teer und 14 mg Nikotin für 4 Mark 80 täglich?
Rauchen ist unvernünftig, aber Gewohnheit. Und manchmal auch Genuß. Und wenn auch nur EIN Nichtraucher mich bittet, hier nicht zu rauchen, wird die Zigarette ausgedrückt. Erziehungssache, und ehrlich gesagt ist das mir bisher höchstens zwanzigmal in meinem Raucherleben passiert.
Warum ist es also so schwer für einen Nichtraucher, die gesetzlich geregelten Mitbestimmungsrechte an der FH zu nutzten und zum Beispiel im Senat einen Antrag auf rauchfreie Flure stellen? Das Schlimmste was passieren kann ist, daß der Antrag von der Mehrheit abgelehnt wird. Dies würde dann nur zeigen, daß die Mehrheit der Senatsmitglieder Raucher ist. Und jene vertreten nicht die Raucher an der ganzen FH, können sie gar nicht, weil nur ich für mich persönlich entscheiden kann, wann ich wen mit meinem Rauch gesundheitlich gefährde.
Genau aus diesem Grund kann und will ich als Raucher auch keine Initiative diesbezüglich ergreifen, und wenn das Rauchen sowieso nicht verboten oder offensichtlich unerwünscht ist, wieso nicht rauchen?
Ich will meinen Profs nicht vorwerfen, daß ich wegen deren Unterhaltung und der daraus folgenden Unkonzentriertheit meinerseits jene Klausur nächstes Semester wieder schreiben darf, ich will auch keinem Nichtraucher labbrige Pommes aufzwängen. Wenn ich weiterhin irgendwo unbehelligt und unbehelligend meine Kippe rauchen darf, bin ich schon zufrieden. Name der Red. bek.
LeserInnenbrief dazu in der Ausgabe 2
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