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Archiv / Ausgabe 6 / Serie
Serie: Juristerei und Philosophie
Der Bundesrat
Viel wurde im Nachklang auf die Hessenwahl über die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat diskutiert. Nun könnte man meinen, am 27. September 1998 ist rot-grün mit einer komfortablen Mehrheit in den Bundestag gewählt worden und alles ist gut. Aber weit gefehlt: Die Bundesrepublik ist ein föderaler Staat, der eine zweite Parlamentskammer hat, in dem Gesetze, zumindest einige, ebenfalls der mehrheitlichen Zustimmung bedürfen. Das sind vor allem Gesetze, welche die Länderfinanzen betreffen (z.B. die geplante Steuerreform) aber auch solche, die die Länderverwaltungen durchführen müssen, wie zum Beispiel die Verwaltungsvorschriften zum Staatsbürgerrecht.
Im Bundesrat hat jedes Land entsprechend seiner Einwohnerzahl 3, 4, 5 oder 6 Stimmen. Jedes Land kann seine Stimmen nur in der Gesamtheit abgeben, d.h. Baden-Württemberg (6 St.) kann im Bundesrat nicht sagen wir sind ein bißchen dafür, aber der Koalitionspartner ein bißchen dagegen, also stimmen wir mit 4 Stimmen Ja und mit 2 Stimmen mit Nein. Es müssen immer alle Stimmen auf ein Votum vereinigt werden. Folglich heben auch nur die Ministerpräsidenten des jeweiligen Landes das Händchen bei Abstimmungen im Bundesrat. Der Wink von Erwin Teufel ist in Stimmen damit eben doppelt soviel Wert, als das Handzeichen des Bremers Henning Scherf.
Nun gibt es wie oben bereits erwähnt verschiedene Arten von Gesetzen:
- Verfassungsänderungen, diese bedürfen der Zustimmung von 2/3 der Bundesratsstimmen, also mindestens 46 Ja-Stimmen.
- Zustimmungspflichtige Gesetze, diese bedürfen der Zustimmung der absoluten Mehrheit der Stimmen, also mindestens 35 Ja-Stimmen
- Nicht zustimmungspflichtige Gesetze (Einspruchsgesetze), bedürfen im Prinzip der Zustimmung des Bundesrates. Wird ein solches Gesetz von der Mehrheit der Stimmen des Bundesrates abgelehnt, kann der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder (=Kanzlermehrheit) diesen Einspruch zurückweisen und das Gesetz tritt dann trotz Einspruch des Bundesrates in Kraft.
über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat entscheidet die jeweilige Landesregierung. Da in den meisten Ländern Koalitionen regieren, ist in der Regel in den Koalitionsverträgen festgelegt, daß in, zwischen den Koalitionsparteien strittigen Themen, sich der Stimme enthalten wird. Bei Verfassungsänderungen und zustimmungspflichtigen Gesetzen wirken Enthaltungen wie Nein-Stimmen.
Anders in Rheinland-Pfalz: In der einzigen Sozialliberalen Koalition der Republik hat man sich ein anderes Verfahren überlegt: Ist dort das Abstimmungsverhalten zwischen SPD und F.D.P. umstritten, entscheidet das Los! Bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat kann also der Losentscheid in Rheinland-Pfalz über wohl und wehe der Steuereform entscheiden.
Land |
Stimmen |
regiert von |
|
|
|
Baden-Württemberg |
6 |
CDU/F.D.P. |
Bayern |
6 |
CSU |
Berlin |
4 |
SPD/CDU |
Brandenburg |
4 |
SPD |
Bremen |
3 |
SPD/CDU |
Hamburg |
3 |
SPD/GRüNE |
Hessen* |
5 |
CDU/F.D.P. |
Mecklenburg-Vorpommern |
3 |
SPD/PDS |
Niedersachsen |
6 |
SPD |
Nordrhein-Westfahlen |
6 |
SPD/GRüNE |
Rheinland-Pfalz |
4 |
CDU/F.D.P. |
Saarland |
3 |
SPD |
Sachsen |
4 |
CDU |
Sachsen-Anhalt |
4 |
SPD |
Schleswig-Hollstein |
4 |
SPD/GRüNE |
Thühringen |
4 |
SPD/CDU |
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Summe |
69 |
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Bundesrat, Stimmenverteilung
Rot-Grün + PDS (JA Stimmen)
33 |
33 |
CDU/CSU/F.D.P. (Neinstimmen)
21
SPD/CSU (Enthaltungen)
11 |
32 |
SPD/F.D.P.(Losentscheid)
4 |
4 |
derzeitige Mehrheitsverhältnisse für
Regierungsvorlagen
Bremen |
6. Juni 1999
|
Brandenburg |
5. September 1999
|
Saarland |
5. September 1999
|
Thüringen |
12. September 1999
|
Sachsen |
19. September 1999
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Berlin |
10. Oktober 1999
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Schleswig-Holstein |
27. Februar 2000
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Landtagswahlen: Termine
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